Menschen bei uns

Für Frank Manzel hat Ruhestand wenig mit Ruhe zu tun

, von Imke Kuhlmann

»Wer Wirtschaft verstehen will, muss die Geschichte kennen«, weiß der Bankkaufmann im Ruhestand

Reinbek – Eigentlich wollte Frank Manzel (61) nicht in die Fußstapfen seiner Mutter treten. Die 84-jährige Gisela Manzel hat den Reinbeker Geschichts- und Museumsverein seit der Gründung im Jahr 1989 als Vorsitzende geführt. Doch für Frank Manzel kam es anders und nun sitzt er auf dem Posten des Vorsitzenden. Der Verein ist aus dem Arbeitskreis Reinbeker Stadtgeschichte an der Volkshochschule Sachsenwald hervorgegangen. Momentan sind sie zu dritt im Vorstand. »Das ehrenamtliche Engagement der Menschen lässt nach«, stellt Frank Manzel fest. Er hat sich gut auf die Aufgabe vorbereitet. »Bevor ich Vorsitzender wurde habe ich nur Protokolle geschrieben und ehrlich gesagt, nicht viel verstanden«, sagt Manzel. Das weckte seine Neugier.

Der Bankkaufmann, der bereits im Ruhestand ist, wurde in Hamburg geboren. Als er zwei Jahre alt war, zog seine Familie nach Reinbek. Manzel hat zwei erwachsene Töchter und bereits einen zwei Jahre alten Enkelsohn. Schon als Kind fuhr er mit den Eltern und seinem jüngeren Bruder auf Wanderreisen. Kulturgeschichte spielte dabei immer eine Rolle. Dadurch wurde sein  Interesse für Geschichte geweckt. Auch im Beruf half dies dem Banker. »Wer Wirtschaft verstehen will, muss die Geschichte kennen«, sagt er. Geschichte sei erst vor Ort interessant, so der vielbeschäftigte Ruheständler. Geschichte sei nicht nur in Büchern zu finden. Er habe Spaß daran, Geschichte zu erzählen und mit der Geschichte zu spielen. Das setzt er im Verein jetzt um. So erzählt er Geschichten über Reinbeks Geschichte regelmäßig auf den historischen Stadtrundgängen durch Reinbek. Überraschend kommt er dann des Weges in Richtung Schloss, trägt die Kleidung des entsprechenden Jahrhunderts und macht ein Rätsel um seine Person. Die Termine für die Stadtrundgänge sind auf der Webseite des Vereins zu finden. »Bedingung für den Vorsitz war für mich, Dinge verändern zu können«, so Manzel.

Er hat den Verein, dessen Vorsitzender er seit März ist, umgekrempelt. »Ich wusste, wenn ich die Aufgabe übernehme, dann vernünftig«, sagt er. Nicht, dass der Verein nicht vernünftig geführt wurde, nur solle er sich mit der Zeit weiterentwickeln. So habe er erstmal die Webseite modernisiert, es gibt ein historischen Lexikon, das Schritt für Schritt digitalisiert wird, eine Datenbank mit über 9.000 Dokumenten und zudem jeden Monat eine neue Reinbeker Geschichte, erzählt von Reinbekern, zu finden auf www.reinbeker-geschichten.de

Der Verein hat ebenso bereits ein Buch herausgebracht, geschrieben und bebildert von Gisela Manzel. Ein historischer Wandkalender mit Reinbeker Motiven wird jedes Jahr aufgelegt. »Wir wollen uns damit sichtbarer machen«, erklärt der Vereinschef. Was ihn dabei umtreibt ist die Frage: »Wie schaffe ich es, dass Menschen das, was wir tun, toll finden?«. Dabei spiele die Digitalisierung auch eine große Rolle. An der Sachsenwaldschule möchte er künftig Geschichte erlebbar machen und mit den Schülerinnen und Schülern eine digital-analoge Schnitzeljagd entwickeln. »Wir brauchen neben der digitalen Welt Emotionen und das Erlebnis«, sagt er. Aktuell arbeitet er darüber hinaus an einem zweiten historischen Stadtrundgang.

Neugier hat Manzel zudem für ein weiteres Engagement. Seinem ehemaligen Arbeitgeber –  einer Reinbeker Bank – ist er immer noch verbunden und arbeitet dort stundenweise, um einige Kunden weiter zu begleiten. Manzel hat seinen Ruhestand genau geplant. Er wollte nicht gelangweilt auf dem Sofa sitzen, sondern vor allem etwas für die Menschen tun. Ein zweites Projekt, an dem er gerade arbeitet, betrifft die junge Zielgruppe: Schülerinnen und Schüler, die sich selbst und ihre Ziele noch nicht gefunden haben. Er möchte jenen, die noch orientierungslos sind, ein Coaching anbieten, um die eigene Motivation zu finden. Im Berufsleben hat ihn das Thema »Motivation« immer wieder begleitet. Doch dieses Projekt sei noch in der Entstehungsphase. Anders, als sein Engagement bei der Erich und Gertrud Roggenbusch-Stiftung – einer Stiftung, die sich mit der Krebsforschung beschäftigt. Manzel kümmert sich hier ehrenamtlich um die Finanzen, da kennt er sich aus.

Doch sein Herz schlägt vor allem für den Geschichts- und Museumsverein. Nicht uneigennützig. »Es gibt mir die Möglichkeit, viel Zeit mit meiner Mutter zu verbringen«, sagt er und ist froh darüber. Im Alter sei jeder gemeinsame Tag so wertvoll.

Frank Manzel und seine Frau Britta Gottwald haben sich zudem noch einen Traum erfüllt. Der 15 Monate alte Irisch Setter Eddy ist seit einiger Zeit als neues Familienmitglied bei ihnen eingezogen. »Wir wollten schon immer einen Hund haben, doch bislang fehlte die Zeit«, sagt er. Nun hat er den treuen Begleiter immer an seiner Seite – nur nicht beim historischen Stadtrundgang.

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