Menschen bei uns
Toleranz macht das Leben leichter
, von Imke Kuhlmann
Hicham Abouchaaoua wurde in Marokko geboren. Das ist sofort zu spüren, wenn ein Gast sein Haus betritt. Gastfreundlich ist der Empfang, frisch gebackener Kuchen und Kekse stehen dann beispielsweise auf dem Tisch. Dazu gibt es einen typisch marokkanischen Tee. Hicham Abouchaaoua schwärmt: »Das ist der beste Tee, den es gibt«. Seine Frau Nora (36) hat alles für unser Gespräch frisch vorbereitet. Marokkaner empfangen gern Gäste. Der 47-jährige Abouchaaoua hat sein Heimatland im Herzen und dennoch möchte er gerne in Deutschland leben. »Ich kann ja immer nach Marokko fahren, wenn ich möchte«, sagt er. Dort lebt ein Teil seiner Familie, die er regelmäßig besucht.
Anfangs musste er sich etwas an die strukturierte und etwas kühlere Art der Deutschen gewöhnen. Inzwischen möchte er hier nicht mehr weg. »Meine Kindheit ist von einem sozialen Miteinander geprägt, ich kann mich schnell mit Situationen arrangieren. Toleranz gehört zu meinem Leben«, sagt er. Auch ehrenamtlich hat er sich engagiert. Zuerst bei den Maltesern, dann bei der Grohne-Schule und später beim DRK (Deutsches Rotes Kreuz), immer in der Flüchtlingshilfe.
Sein Abitur absolvierte der 47-jährige in Marrakesch. Dort ist er aufgewachsen und dort hat er gelebt, bis es ihn nach Frankreich zog. »Ich bin in einer sehr offenen und multikulturellen Familie groß geworden«, sagt der Familienvater. Er hat eine erwachsene Tochter aus erster Ehe, seine zweite Frau hat einen zehnjährigen Sohn. 2002 kam er nach Deutschland. Zuvor lebte er neun Jahre in Frankreich. Er liebt das französische Flair, das »savoir vivre«, die Kunst, das Leben zu genießen. Aber vor allem liebt er die französische Sprache, seine Muttersprache. »Diese Sprache ist Poesie, Kultur und Melodie«, sagt er. Der Liebe wegen kam er nach Deutschland. Die Liebe zerbrach, auch wenn er immer noch ein großartiges Verhältnis zur Mutter seiner Tochter habe, die »um die Ecke« lebt. Hicham Abouchaaoua blieb in Reinbek. Seine jetzige Frau Nora zog aus Marokko zu ihm.
Zuerst arbeitete er im Sachsenwald-Hotel. Seine berufliche Erfahrung in der Gastronomie sammelte er in Frankreich. Später übernahm er das Clubrestaurant des Tontaubenclubs in Wohltorf. Doch Hicham Abouchaaoua schien seinen Traumberuf noch nicht gefunden zu haben. 2014 sagte er der Gastronomie »adieu« und wagte den Quereinstieg als Französischlehrer. Als Muttersprachler bringt er gute Voraussetzungen mit. Über eine Weiterbildung erweiterte er seine pädagogischen Kenntnisse. Abouchaaoua scheint hier seine Berufung gefunden zu haben. Er unterrichtet die französische Sprache im Wentorfer Minilernkreis und hat eigene Schüler und er kümmert sich um die Ganztagsbetreuung in einer Ahrensburger Grundschule.
Der Marokkaner liebt die Sprachen. Die deutsche genauso wie die französische. Letztere ist seine Muttersprache. Deutsch hat er schon in der Schule gelernt und in den letzten Jahren in Deutschland. Sein eigener Anspruch ist hoch. »Wenn ich hier leben möchte, muss ich auch die Sprache beherrschen«, sagt er. Und er beherrscht sie. Zur französischen Sprache hat er einen anderen Bezug: »Diese Sprache ist meine Kindheit«. Er verbindet viele Erinnerungen damit auch die an seine Großeltern.
Abouchaaoua hat seine Wurzeln nicht verloren, aber er hat seine Heimat in Deutschland gefunden. Politik ist nicht sein Lieblingsthema, wenngleich er weiß, dass es zwischen Marokko und Deutschland kürzlich kriselte. Doch diese Krise hätten Deutschland und Marokko gerade beendet. Grund waren die Differenzen im Umgang mit der Westsahara, einem von Marokko besetzten Wüstengebiet am Atlantik. Marokko beansprucht die dünn besiedelte Region für sich, während die internationale Gemeinschaft das nicht anerkennt. In einem Gespräch unterstützten Annalena Baerbock (Außenministerin Deutschland) und Nasser Bourita (Außenminister Marokko) gemeinsam die Bemühungen der Vereinten Nationen, den Konflikt zu lösen.
Abouchaaoua beschäftigt sich lieber mit Sport und hat einen Hang zur Kunst. »Es sind eher die unbekannten Künstler, die mich reizen«, sagt er. Meist natürlich französische Maler. Und auch Kultur weckt immer wieder sein Interesse. Um diese Jugendlichen näher zu bringen und ihnen zudem einen Raum für ihre Freizeit zu bieten, möchte Hicham Abouchaaoua einen Ort für Jugendliche schaffen, an dem die jungen Menschen neben einer Hausaufgabenhilfe und Sportangeboten auch Kultur vermittelt bekommen. So kann er sich beispielsweise Lesungen vorstellen, die jugendgerecht präsentiert werden. Kultur sei Bildung und Bildung das A und O für das Leben, so der Französischlehrer.
Aktuell arbeitet er noch an dem Konzept, doch er ist überzeugt: »Es fehlt in Reinbek an Angeboten für Jugendliche«. Oberste Priorität habe in all seinem Handeln jedoch immer das Verständnis füreinander. Dabei hilft ihm seine Toleranz.