Menschen bei uns
»Es nimmt mich gefangen, das soziale Leben der Bienen zu beobachten.«
, von Imke Kuhlmann
Reinbek – Bereits im Alter von zwölf Jahren besaß Marcus Bradtke-Hellthaler sein erstes Bienenvolk. Doch sein beruflicher Weg nahm vorerst eine andere Wendung.
»Es war ein Zufall, dass die ersten Bienen zu mir kamen«, sagt er. Ein Bienenschwarm flog in den Garten seiner Eltern. Als der zuständige Imker diesen abholen wollte, entschied Marcus Bradtke-Hellthaler ihn zu behalten. Seine Eltern hatte er gar nicht gefragt, doch sie stimmten zu. Aus einem Volk wurden schnell zehn. »Natur fand ich schon immer spannend«, sagt der 49-jährige. Bereits als Kind engagierte er sich beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). »Bienen gefielen mir besser als die Schule« erinnert er.
Doch sein Weg nahm vorerst eine andere Wendung. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler fand damals kaum Jugendliche in der Gruppe der Bienenzüchter und konzentrierte sich auf seine berufliche Laufbahn. Bradtke-Hell-
thaler machte eine Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung. »Ich wollte mit Menschen arbeiten, doch das Miteinander hatte ich mir anders vorgestellt«, sagt er. Schnell wurde ihm klar, das war es nicht. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und arbeitete für eine Umweltschutzorganisation, bis er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Hans-Böckler-Stiftung wurde. Bradtke-Hellthaler entschied sich für eine Promotion in Hamburg. Viele Jahre arbeitete er im Projektmanagement für Team- und Organisationsentwicklung mit der Konsequenz, viel zu reisen. Doch das wollte er nicht. Ihm wurde klar, so sollte sein beruflicher Weg nicht weitergehen.
Das war der Zeitpunkt, als Dr. Marcus Bradtke-Hellthaler seine Leidenschaft für die Bienen wiederentdeckte. Inzwischen ist er als Imker für vier bis sechs Millionen Bienen verantwortlich. Genau ließe sich die Zahl nicht sagen. Seine Begeisterung ist immer mehr gewachsen. »Es nimmt mich gefangen, das soziale Leben dieser Tiere zu beobachten« sagt er. Die Tiere haben ein soziales Miteinander, dass er sehr bewundere. So verlassen beispielsweise kranke Bienen den Stamm, um andere nicht zu infizieren. Alles in einem Bienenstock unterläge klaren Strukturen und Abläufen. Dennoch habe jedes Volk seine eigenen sozialen Gesetze.
Bradtke-Hellthaler liebt seine Arbeit, auch wenn er wesentlich mehr Zeit investiert und weniger verdient als in seiner Zeit als Projektmanager. Mit seiner Frau Constanze und den beiden Kindern (9 und 10) lebt er in Reinbek. »Der Sommer ist sehr arbeitsintensiv, aber es lohnt sich«, sagt er. Besonders faszinieren ihn die Kombination von Tradition und Moderne, von Holz, Wachs und Edelstahl, Handarbeit und Technik.
Deutschland sei Spitzenreiter im Honigverbrauch. Dennoch kämen nur rund 20 Prozent aus der Produktion im eigenen Land. Die wenigsten Imker können davon leben. Bradtke-Hellthaler kann das. Und so produziert er neben Honig auch Bienenwachskerzen. Zudem hat er das Projekt Gartenbienen ins Leben gerufen. Privatpersonen können sich einige Bienenvölker in den Garten setzen lassen, der Imker unterstützt sie in Haltung und Pflege. »Es gibt immer mehr Interessenten«, sagt er. 60 Kästen stünden nun in Reinbek. Dort hat er auch Bienenkästen auf den Friedhof gestellt. »Oft sprechen Besucher mich an und stellen Fragen«, sagt er. Bradkte-Hellthaler mag diese Gespräche.
Gern würde er mehreren Schulklassen einen Besuch bei ihm ermöglichen, doch dazu fehle ihm die Zeit. Der Imker hat sich vor Jahren zum Bienensachverständigen ausbilden lassen. So wird er von Amtstierärzten gerufen, wenn Krankheiten bei Bienen entdeckt werden.
Seinen alten Job möchte er nicht zurück, auch wenn die Arbeit mit den Bienen körperlich anstrengend sei. Die Kästen und der Honig müssen geschleppt werden. Mitunter geht es morgens um sechs Uhr zu den Standorten. Dann sei es im Sommer noch kühl. Er schaut nach den Völkern, um sicher zu stellen, dass es allen gut geht. Weiter geht es zu seinem Imkerhof, um den Honig zu produzieren. Maschinen helfen ihm dabei. Den Honig bringt er selbst zu den Verkaufsstellen. Da kann es schon mal bis nach Blankenese gehen. Und ebenso im Winter gibt es einiges zu tun. Die Bienen begäben sich zwar in eine Winterruhe, doch der Imker beschäftigt sich dann mit dem Reinigen der Rahmen, der Aufbereitung der Waben und die Völker müssen weiterhin kontrolliert werden, um sicher zu sein, dass alles in Ordnung ist.
Doch er beobachte auch Veränderungen. »Bienen leiden unter den Extremwetterlagen«, verrät er. Diese stören die Entwicklungsprozesse im Bienenvolk. Ebenso würde die Arbeit mit den Völkern komplizierter und anstrengender, wenn sich etwa lange Hitzeperioden mit Starkregenphasen abwechseln. Zudem begrüßt Bradtke-Hellthaler die Entwicklung der Blühwiesen. Er rät jedoch, dass diese nicht zu nah an Feldern liegen sollten, auf die Pflanzenschutz aufgebracht werde. Das sei für die Bienen schädlich. Besonders lobt er Reinbek und Wentorf. »Hier haben die Bienen ein Paradies, da immer etwas blüht«, sagt er. Bradtke-Hellthaler liebt seine Arbeit. »Ich weiß, warum ich abends müde bin«.
Seit ein paar Jahren engagiert er sich zudem bei der Freiwilligen Feuerwehr. Dort wurde er jetzt gerade zum stellvertretenden Wehrführer gewählt (Lesen Sie mehr auf Seite 10). Dabei ist er seinen Kindern ein Vorbild, genauso wie beim Imkern. Die Kinder machen mit, egal ob bei der Kinderfeuerwehr in Ohe oder beim Imkern mit Papa. Auch das ist ein Vorteil seines Berufes.