Menschen bei uns
»Wenn man etwas mit Leidenschaft macht, wird man erfolgreich.«
, von Christa Möller
Wentorf – »Ich liebe Zahlen und wollte Buchhalter werden«, sagt Marco Berg. Aufgrund einer Wette traf der gebürtige Dresdener dann allerdings eine andere Berufswahl: Er lernte Friseur. Nach dem Zivildienst, den er in Hamburg in der Schwerstbehindertenbetreuung absolvierte, blieb Marco Berg in Hamburg, wo er seit 20 Jahren als Friseur arbeitet. »Wenn man etwas mit Leidenschaft macht, wird man erfolgreich«, ist er überzeugt. Das hat er in seiner Tätigkeit als Colour Director bei Vidal Sassoon bewiesen. »Ich musste mich mit Farbe auseinandersetzen und habe Farbseminare für Friseure gegeben – auch im Ausland.« Auch als Friseur hatte er übrigens mit Zahlen zu tun, er musste ja unter anderem Geschäftsberichte schreiben…
»Der eine Beruf führte zum anderen«, erläutert er seinen weiteren Weg. Denn durch die internationale Kollektion kunstvoller Haarfarben kam er zur Kunst. »Und da bin ich hängengeblieben«, verrät der 42-Jährige, der seit sechs Jahren drei Tage in der Woche als Kunstvermittler arbeitet und auch längst angefangen hat, selbst Kunst zu sammeln. »Vielleicht ist es jetzt auch eine Berufung.« Denn demnächst wird er sich beruflich nur noch der Kunst widmen, dann allerdings in verschiedenen Häusern.
Er hatte bereits verschiedene Ausstellungen betreut, als er vor gut einem Jahr eine eMail vom Woods Art Institute (WAI) an der Golfstraße 5 in Wentorf bekam, wo jemand für die Führungen gesucht wurde. Damals kannte er die Kunststätte auf dem Gelände der ehemaligen Sprachheilschule noch gar nicht. Seine Bewerbung überzeugte nicht zuletzt nach einer dreieinhalbstündigen Führung für Inhaber Rik Reinking, dem er nach nur zwei Besuchen bereits die Sammlung erklären und ihm dabei einen ganz anderen Blick auf seine eigenen Kunstwerke geben konnte. Immerhin waren zu der Zeit Werke von 80 Künstlern ausgestellt. »Wir sind auf einer Wellenlänge«, freut er sich. Die jetzt endende Ausstellung, »Terence, Tim & Trier«, die er mit aufgebaut hat, fasziniert den Kunstvermittler, der seine Begeisterung gern den Besuchern nahebringt. Aber »bei mir darf man auch sagen, dass man Kunst nicht schön findet«, betont der Kenner. »Rik Reinking und ich haben auch Künstler, die wir beide sammeln«, erzählt er und hat dabei unter anderem Patrick Sellmann im Blick.
Marco Berg lebt an der Sternschanze, wo er sich wohl fühlt. »Hamburg ist eine sehr offene Stadt und gut durchmixt«, stellt er fest. Die S-Bahn hat er vor der Haustür und vom Bahnhof in Reinbek ist es nur ein kleiner Spaziergang zum WAI, wo er regelmäßig auf Anmeldung Gruppen und Einzelpersonen durch die Ausstellung führt.
Was ihn antreibt? Wenn die Leute nach der Führung begeistert nach Hause gehen. Kürzlich war eine Schulklasse aus Reinbek da und weil es ihm so gut gefallen hat, kam einer der 23 Gymnasiasten am nächsten Tag nochmal mit zwei Freunden. Rund eineinhalb Stunden veranschlagt das WAI für die Führungen durch das 2.500 Quadratmeter große Ausstellungsgelände mit 16 Räumen und der alten Turnhalle mit dem Tonnengewölbe. Zu lange sollen die Führungen zwar nicht dauern, er wolle die Leute aber auch nicht durchziehen, betont Berg, der auf Nachfrage gern ausführliche Erklärungen liefert – aber nicht die ganz strenge Kunstvermittlung. »Kunst ist für jeden da und sollte allen gezeigt werden«, betont der Hamburger, der die Kombination aus Park und lichtdurchfluteten Räumlichkeiten liebt – »ein Museum ohne dunkle Wände, das trotzdem gemütlich und privat wirkt.«
Sein Lieblingsplatz ist allerdings »draußen zwischen den Rhododendren beim alten Herrenhaus im verwunschenen Garten«. Ein Lieblingsausstellungsstück hat er auch: Den bronzenen »Ohrenstuhl« von Terence, der komplett aus Ohren besteht. »Alle wissen etwas vom Hörensagen, aber Genaues weiß niemand«, erläutert Marco Berg das Objekt, das unter der Bronze – also nicht sichtbar – vergoldet ist. »Eine wunderbare Metapher«. Marco Berg bewundert an Rik Reinking dessen Ausdauer, so ein Projekt auf die Beine zu stellen und seine Leidenschaft für die Kunst an diesem Ort sowie sein Engagement auch für junge Künstler – ganz ohne öffentliche Förderung.
Der gelernte Friseur hat übrigens auch mal Gesang studiert. Einen Abschluss hat er nicht, aber »das hat mir geholfen, meinen sächsischen Akzent wegzubekommen«. Seine Freizeit ist sehr begrenzt, er nutzt sie gern zum Lesen von Biografien. Und wenn er reist, dann bevorzugt er die Stille in der Natur wie zuletzt im November in Island, aber auch in Österreich oder der Schweiz.
Sein Lebensmotto: »Dass man das, was man tut, gern macht und sich jeden Tag darauf freut, es machen zu dürfen.«