Menschen bei uns
Die Wiederentdeckung des Waldes
, von Imke Kuhlmann
Reinbek – Diana Weyrauch hat schon als Kind lange Spaziergänge in der Natur gemocht. »Meine Eltern waren leidenschaftliche Spaziergänger«, erzählt die 52-jährige. Zusammen mit ihrer jüngeren Schwester sei es dann zum Familienausflug in den Wald gegangen. »Wir Kinder trödelten immer hinterher«, erinnert sie. Bereits damals hat sie gemerkt, dass der Wald ihr etwas Besonderes gibt. Sie mochte es schon derzeit, sich inmitten der Bäume in ihren Gedanken zu verlieren. Beim Waldbaden möchten sie Menschen das mitgeben, was ihr Schatz ist.
Die Mutter zweier Töchter, 13 und 17 Jahre alt, wurde in Ostdeutschland geboren. Mit ihren Eltern zog sie nach einigen Jahren nach Lübeck, dort verbrachte sie ihre Jugend. 1995 führte es die ausgebildete Erzieherin der Liebe wegen nach Reinbek. Neun Jahre später kam ihre erste Tochter Marlene zur Welt. Damit öffnete sich ihr wieder der Weg in die Natur. »Als Marlene zwei Jahre alt war ging sie in eine Waldspielgruppe«, berichtet sie. Der Spielplatz war der Wald, die Spielgeräte die Natur. Geklettert wurde an Bäumen, beim Rutschen ging es kleine Schrägen herunter anstatt auf Plastikrutschen. Die Kreativität der Kleinen sei hier grenzenlos. »Kinder werden in der Natur zu Entdeckern«, sagt sie.
Als 2010 die zweite Tochter Greta zwei Jahre alt war, gründete Diana Weyrauch ihre eigene Waldspielgruppe in Reinbek. Zwei Jahre später ging es für die Jüngste in den Waldkindergarten. Diana Weyrauch war zudem selber immer mit den Kindern im Wald unterwegs. »Die Wiederentdeckung des Waldes und die Verbindung zur Natur haben mich geprägt«, so die Naturexpertin. Das wollte sie nun nicht mehr loslassen.
Zufällig stieß sie auf das Waldbaden, eine besondere Art des Eintauchens in die Natur. »Das Waldbaden kommt aus Japan«, weiß sie. Dort habe sich das Achtsamkeitstraining in der Natur als Antistressmethode im Gesundheitswesen etabliert. Bisher sei bekannt, dass ein Aufenthalt im Wald zudem Blutdruck und Stimmungen positiv beeinflussen könne. Begeistert von der Methode, ließ sie sich kurzerhand als Kursleiterin für das Waldbaden ausbilden. Seit dem letzten Jahr bietet sie regelmäßig Kurse für unterschiedliche Gruppen an. »Im Wald bin ich viel entspannter«, sagt sie. Das habe sich bis heute nicht geändert. In der Natur ließen sich Probleme ganz anders verarbeiten. Bereits in der Ausbildung zur Kursleiterin merkte sie, dass ihr so viele Aspekte aus eigener Erfahrung mit der Natur sehr vertraut gewesen seien. Dabei ist es ihr besonders wichtig, im »Jetzt« zu sein und nicht die Gedanken dahin schweifen zu lassen, was gerade war oder demnächst sein wird. Den meisten Menschen fiele das schwer. Sie möchte nun Interessierte begleiten, dies selber zu erfahren. So bietet sie Kurse für Familien oder Berufstätige aber auch für Frauen oder Lieblingsmenschen an. Wald-Kindergeburtstage hat sie ebenso im Programm.
Aktuell arbeitet Diana Weyrauch an einem Konzept für Senioren, die in Senioreneinrichtungen leben. Besonders für ältere Menschen sei die Natur ein Wohlfühlort. Da es für die meisten Senioren oft nicht ganz einfach ist, den Weg in den Wald zu nehmen, bringt sie ihnen die Natur im ersten Schritt nach »Hause«. Später geht es in Begleitung des Personals vom Seniorenheim in den Wald. »Wir wissen, dass ältere Menschen häufig in der Vergangenheit leben. Sie erzählen viel von »früher«, sagt sie. Diana Weyrauch möchte auch sie in die Gegenwart bringen.
Sie selber nutzt den Wald zur Entwicklung ihrer Konzepte. Sie will spüren, ob der gewählte Ort und die Idee zusammen passen. »Auch für Familien ist das Waldbaden gerade in diesen Zeiten etwas Besonderes«, berichtet sie. Viele Menschen würden sich ihrer eigenen Bedürfnisse oft nicht mehr bewusst. Das habe Einfluss auf das Familienleben. Im Wald lasse sich jeder mit allen Sinnen auf die Umgebung ein. Ihr selber gehe es so, dass sie im Wald Belastungen abwerfen könne. Durch das Waldbaden könne jede und jeder ein Handwerkzeug bekommen, um sich aus Situationen herauszuziehen und zu entschleunigen. Zudem stärken die Waldaromen die Abwehrkräfte. »Die Terpentine, die die Bäume abgeben, werden über die Haut und die Lunge aufgenommen«, sagt die Waldexpertin. Beim achtsamen Gehen werden die Gerüche intensiv wahr genommen. Das beruhige zudem das vegetative Nervensystem.
Bei der Methode ginge es nicht um lange Wanderungen durch den Wald, es geht um das Schärfen des Bewusstseins und Spüren der Sinne. »Ich habe mich durch das Waldbaden erst richtig kennengelernt«, sagt Diana Weyrauch. Sie könne sich Krisen jetzt besser stellen und würde stärker auf die Signale ihres Körpers hören.
Im Kurs lernen die Teilnehmenden auch, sich auf einen Baum einzulassen. Für die Kursleiterin ist ein alter Baum wie ein Familienmitglied. »Ich habe eine alte Eiche, die bei mir in der Nähe steht. Dort gehe ich hin, wenn ich einen Rat brauche«, sagt sie. Sie vergleicht den Baum mit einem alten Häuptling. Nicht, dass der Baum mit ihr spräche, doch durch seine Nähe würde sie ihren Weg finden. »Die Natur ist mein Schatz«, sagt Diana Weyrauch.
Ein Adventswaldbaden bietet sie am 12. Dezember in Reinbek an. Informationen gibt es bei Diana Weyrauch unter www. dianaswaldbaden.de oder Tel. 0163-5198370.