Zukunft der Kirchengemeinde Wohltorf
»Es geht um die Inhalte der Kirche.«
, von Lothar Neinass
Den Kirchengemeinden in Norddeutschland steht ein Strukturwandel bevor. Er beginnt in der Spitze der Landeskirche und setzt sich fort über die Kirchenkreise bis hin zu den örtlichen Kirchengemeinden. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, hat die Kirchengemeinde Wohltorf ihre 1.500 Mitglieder aus Wohltorf und dem Reinbeker Ortsteil Krabbenkamp zu einer Gemeindeversammlung eingeladen.
Kirchengemeinderat und Pastor René Enzenauer hatten seit Monaten die von der Landeskirche und der Synode vorgegebenen Eckpunkte diskutiert und nach Lösungen gesucht, bisher weitgehend in vertraulicher Runde.
Wie Pastor Enzenauer ausführte, geht es nicht um kleinere Veränderungen: »Es geht um die Inhalte der Kirche. Es ist eine grundlegende Strukturveränderung.« Künftig wird die Organisation nicht allein auf den Kirchengemeinderat oder den Pastor hinaus laufen. Alle Mitglieder der Kirchengemeinde sind gefordert, sich aktiv einzubringen und die Kirche lebendig zu gestalten.
»Dieses bedeutet für viele von uns ein Umdenken. Und dieser Entwicklung müssen wir uns stellen. Ich sehe darin auch ein Chance für die Zukunft unserer Kirche«, betonte Pastor Enzenauer. Auf Wohltorf eingehend, hob der Pastor hervor: »Auf unserem Wohltorfer Kirchberg soll auch in Zukunft Kirche sein. Über alles andere kann man reden.«
Der Kirchengemeinderat hat die Weichen für die Zukunft allerdings festgelegt: Es soll keine Fusion zwischen Kirchengemeinden geben, eine engere Zusammenarbeit ist möglich. Pastor Enzenauer sprach auch die Gefühle an, die viele Wohltorfer zu ihrer Kirche haben, sei es bei kirchlichen Handlungen wie Taufen, Eheschließungen oder Beerdigungen, aber auch der Konfirmandenunterricht hat einen hohen Erinnerungswert: »Es sind Gefühle, die man nicht greifen kann, sie sind einfach da und beeinflussen unser Verhalten.«
Was kommt auf die Kirchengemeinde Wohltorf zu, wenn die Eckpunkte der Nordkirche und der Synode umgesetzt werden? Im Kirchenkreis Lauenburg-Lübeck gibt es laut Stellenplan 106 Pastoren. Nach der Statistik sollten es aber nur 96 sein. Das bedeutet, in den nächsten Jahren müssten Pastorenstellen eingespart werden. Mittelfristig wird diese Frage gelöst, weil es absehbar ist, dass in Zukunft viele Pastoren fehlen werden, denn die Kirche hat nicht genügend Nachwuchs bei den Pastoren, um die flächendeckende Versorgung im jetzigen Umfang zu gewährleisten. Im April wird ein Arbeitskreis der Synode und des Kirchenkreises ein Konzept vorlegen, wie in Zukunft der Bedarf bei Pastoren abgedeckt werden kann.
In Wohltorf ist man optimistisch, dass es für den Pastor keine Kürzung geben wird, denn auch wenn die 1.500 Kirchenmitglieder rein rechnerisch nur eine Stelle von 75 Prozent ergeben, gibt es wegen der großen Kindertageseinrichtungen innerhalb der Gemeinde einen Personal-Zuschlag.
Schwieriger wird es bei der Gebäudeunterhaltung. Von der Synode ist ein »Ampel-Konzept« für die Unterhaltung der kirchlichen Gebäude erarbeitet worden. Der Kirchenkreis wird sich künftig nicht an den Kosten für Gebäude beteiligen, die »rot« gekennzeichnet sind. Hier gilt die Empfehlung, dass sich die Kirchengemeinden von Immobilien (auch wenn es Kapellen oder Kirchen sein sollten) schnellstmöglich trennen. Mehrere Kapellen im Kreis werden bereits zum Kauf angeboten.
Die nächste Farbe ist »gelb«. Da erwartet der Kirchenkreis, dass die örtliche Kirchengemeinde einen Plan vorlegt, in dem nachgewiesen wird, dass die Räume für die Kirchenarbeit notwendig sind. Wird dieser Plan von der Synode nicht akzeptiert, gibt es für die Unterhaltung der Gebäude keinen Zuschuss. Dieses zusätzliche Drittel der Kosten müsste dann die Kirchengemeinde selbst aufbringen.
»Grün« eingestuft sind alle Bauten, die dauerhaft zu unterhalten und daher bezuschusst werden.
In Wohltorf gibt es keine rot oder grün eingestuften Gebäude. Egal, ob Gemeindehaus oder Kirche, alle sind gelb gekennzeichnet. Warum die Kirche »gelb« gekennzeichnet wurde, war für die Besucher der Gemeindeversammlung nicht einzusehen, zumal die Aumühler Bismarck-Gedächtnis-Kirche grün eingestuft wurde. Beide Kirchen sind zur selben Zeit gebaut und 1930 (Wohltorf am 30.3. und Aumühle am 3o.7.) eingeweiht worden.
Nach Meinung der Wohltorfer ist ihr Gemeindehaus völlig ausgelastet. Es gibt so viele Veranstaltungen, dass es schwierig ist, einen Termin zu bekommen. Das Gemeindehaus hat sich zu einem »Dorfhaus« entwickelt, in dem auch Vereine und die Kommune Veranstaltungen durchführen.
Der Kirchengemeinderat schlägt vor, für das Gemeindehaus mehrgleisig zu fahren. Es gibt bereits Gespräche mit der Kirchengemeinde Aumühle, gemeinsam die Jugendarbeit zu verstärken und in Wohltorf einen Jugendraum zu bauen. Darüber hinaus planen die politische Gemeinde und die Kirchengemeinde, das Gemeindehaus weitgehend abzubrechen und ein neues Zentrum zu bauen, in das auch eine Krippe integriert werden soll. Das Gebäude entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen an Energie-Einsparung.
Die Teilnehmer an der Gemeindeversammlung hatten die Gelegenheit, ihre Wünsche für die künftige Arbeit der Kirchengemeinde zu äußern. Zusätzlich wird der Kirchengemeinderat vor jeder Sitzung den Kirchenmitgliedern die Möglichkeit geben, ihre Wünsche und Vorstellungen zur Zukunft der Wohltorfer Kirche vorzutragen. Hier muss der Kirchengemeinderat allerdings noch nacharbeiten. denn bisher sind die Sitzungen des Gemeinderates nicht öffentlich und werden auch nicht bekannt gemacht.